10. Reisetag

Dienstag, 10. März 2015: Wellington

Ein ganzer Tag in Wellington stand auf dem Programm für heute, und das erst noch bei gutem Wetter. Am Morgen schien es noch nicht so klar zu sein, ob es einen sonnigen Tag geben würde, oder ob sich aus den paar Wolken eine Bedeckung des Himmels bilden würde. Schliesslich wurde es der seit Ferienbeginn sonnigste Tag. Eine ganze Reihe von Dingen, die ich heute besuchen wollte, bestimmten mein Tagesprogramm.

Auf dem Weg vom Hotel zum Bahnhof befanden sich zwei wichtige Gebäude, nämlich die Wellington Cathedral of St. Paul und das Parlamentsgebäude. Die grösste Kirche in der Stadt Wellington ist nicht gerade eine Schönheit, wie die nachfolgenden Bilder zeigen.

Vor dem Parlament fand eine Veranstaltung statt, deren Hintergrund ich auf die Schnelle nicht ausfindig machen konnte. Die Sicht auf das Parlamentsgebäude war daher wegen abgestellter Lastwagen eingeschränkt.

Wellington verfügt über ein grosses Trolleybusnetz, jedoch seit Jahrzehnten über keine Trams mehr. Während gestern Abend kein einziger Trolleybus zu sehen war und ich schon daran zweifelte, ob überhaupt noch welche fahren, waren sie heute in grosser Stückzahl präsent. Auch in Wellington ist abends nach 19 Uhr einfach nichts mehr los, so dass die Trolleybusse dann alle im Depot sind. Bald stellte ich fest, dass es nur eine einzige Sorte Trolleybusse gibt, und dass diese offensichtlich etwas schwer geraten sind, da sie hinten mit Doppelachse ausgestattet sind. Immerhin schien ein Designer am Werk gewesen zu sein. Alle Trolleybuslinien enden beim Bahnhof, so dass es dort stets ein paar Busse hatte, die auf die Rückfahrt warteten. Aufgrund der Lichtverhältnisse konnte ich nur die Nichttürseite fotografieren.

Der Bahnverkehr in Neuseeland ist eine triste Angelegenheit. Das nationale Streckennetz ist im Bereich Personenverkehr praktisch komplett stillgelegt, die Bahn befördert praktisch nur noch Güter. Zwischen Auckland und Wellington verkehrt in jeder Richtung gerade drei Mal wöchentlich ein Zug. Im Raum Wellington wird unter dem Brand "Metlink" ein Vorortsnetz betrieben. Das moderne Rollmaterial wurde von der südkoreanischen Firma Rotem gebaut und ist für 25 kV Fahrdrahtspannung ausgelegt. Ich konnte im Bahnhof Wellington zwei Sorten Triebzüge erkennen.

Das nächste Ziel war der 196m hohe Mount Victoria und der Weg dorthin. Am Quai sah ich all das, was ich gestern bei Dunkelheit fotografiert hatte, nun bei Tageslicht, so auch die musealen Hafenkräne. Der Quaibereich ist sowieso sehr schön gestaltet mit viel Kunst im öffentlichen Raum, und daher für originelle Fotos sehr geeignet. Bei einer Bronzestatue eines Mannes, der gerade auf dem Sprung ins Wasser ist, musste man fast schon Schlange stehen für eine Fotografie.

So abwegig ist es nicht, dort ins Wasser zu springen, denn selbst dort macht das Pazifikwasser einen sehr sauberen Eindruck mit der hellblauen Farbe, und es schwimmt absolut kein Abfall im Wasser. Generell ist Neuseeland ein sehr sauberes, unglaublich gepflegtes Land. Alle Bauten sind in gutem Zustand, man lässt nichts versammeln, versprayte Wände sind inexistent, fast könnte man vom Boden aufessen.

Der Aufstieg zum Mount Victoria war nicht so einfach zu finden, da man in Neuseeland nicht übertrieben viel anschreibt. Ich konzentrierte mich zunächst auf den wenig detaillierten Stadtplanausschnitt im Reiseführer, dann stiess ich doch noch auf einen Wanderweg. Plötzlich verzweigte sich dieser, und es gab keinen offensichtlichen Anhaltspunkt, ob der Weg nach links oder nach rechts der richtige war. Ich ging links und landete dann keuchend auf dem obersten Punkt des Hügels, der auch per Auto zu erreichen gewesen wäre. Die Hitze, in der Sonne werden es schon 25 Grad gewesen sein, trieb mir den Schweiss ins Gesicht, aber ich war oben und konnte nun die fantastische Aussicht geniessen. Auf der einen Seite lag die Innenstadt zu Füssen, auf der andern Seite die Vororte und der Flughafen. Selbstverständlich war ich dort oben nicht der einzige, aber unter all den Touristen dürfte es nebst mir keinen zweiten gegeben haben, der zu Fuss angereist war.

Angesichts einer möglichen Wiederholung dieses Ausflugs bei Nacht folgte ich auf dem Weg hinunter der Strasse, die weit länger war als der Fussweg beim Aufstieg. Unten angekommen folgte die nächste Aufgabe: Trolleybusse fotografieren von der Einstiegsseite. Ich fand eine ideale Stelle, wo der übrige Verkehr nicht zu stören schien, aber jedesmal, wenn dann endlich wieder einmal so ein Trolleybus kam, formierte sich die Quellwolke über mir wieder, und statt eines leuchtend gelben Busses kam ein schattiger dunkelgelber Bus. Es wollte nie klappen, dann gab ich es auf. Stets wenige Sekunden nach der Busdurchfahrt war spätestens wieder prächtiger Sonnenschein.

Die nächste Übung galt der Standseilbahn auf die Anhöhe Kelburn. Als ich die Talstation einfach nicht finden konnte und im Kelburnpark umherirrte, entschloss ich mich, stattdessen zu Fuss dort hinauf zu gelangen, was bei dieser Hitze schon eine Herausforderung darstellte. Oberhalb des genannten Parks bei einem Gebäude der Universität studierte ich den Stadtplan, da wurde ich von einer jungen Frau angesprochen. Sie wollte mir den Abkürzungsweg zeigen, den es gemäss Stadtplan wirklich gab, aber die Geschichte endete in einer Odyssee durch diverse Gebäude. Schliesslich war der normale Weg doch der beste.
Von dieser Standseilbahn gibt es Bilder mit der Stadt im Hintergrund. Ich stellte mich darauf ein, dass es nicht leicht würde, diese Fotostelle zu finden. Es war aber kein Insiderwissen notwendig, denn die Aufnahme konnte von der Bergstation aus aufgenommen werden, das heisst, jeder Tourist, der einmal dort oben war, hat sie!
Nach ausgiebigem Genuss der Aussicht und des Parks entschied ich mich zur Talfahrt mit der Bahn. Die Bahn inklusive die beiden Wagen stammen aus der Schweiz aus Thun von der ehemaligen Firma Habegger, die im Seilbahngeschäft schon längst Geschichte ist.

Nun war die Zeit gekommen, die nächsten Versuche zu starten, einzelne Trolleybusse türseitig aufzunehmen. Dies ging nun einwandfrei und auch dieses Vorhaben endete positiv.

Die zweite Hälfte des Nachmittags widmete ich der Küstenlandschaft ausserhalb der Stadt, unweit vom Flughafen. Einerseits lockten schöne Gesteinsformationen dort, andererseits bestand die Möglichkeit, dort lebende kleine, blaue Pinguine zu besichtigen. Wegen der zu langen Distanz musste ich diesen Abstecher mit meinem Mietwagen machen, der ja auf dem Hotelparkplatz stand. Blödsinnigerweise erwischte ich in Wellington eine falsche Strasse, die mich direkt auf die Autobahn führte - selbstverständlich in die falsche Richtung. Bald stand ich zudem im Stau, so dass einige Minuten verloren gingen, bis ich endlich wieder stadteinwärts unterwegs war. Dann fuhr ich zunächst in Richtung Flughafen, wo ich eigentlich gar nicht hin wollte, musste dann sogar ein Parkticket ziehen, das ich dann umgehend bei der Ausfahrtsschranke gratis recyklierte. Dann fand ich den Rank um den Flughafen und zur Küste wie geplant. Die Landschaft dort war wirklich schön, aber von den kleinen blauen Pinguinen war natürlich nichts zu sehen, ausser einer Hinweistafel, dass man sie nicht stören soll.

Auf fast kürzestem Weg ging's dann zum Hotel zurück, wo ich mich für die Abend- und Nachtfotografie bereit machte. Ich wartete auf die blaue Stunde, das heisst auf die Stunde nach dem Sonnenuntergang, die schönste Zeit für Nachtaufnahmen. Rechtzeitig fand ich mich beim Quai ein und richtete alles ein. Dann kam der Startzeitpunkt, es war herrliches Licht und Sujets waren zahlreich vorhanden. Es hatte noch einen andern, der auch mit Stativ fotografierte. Die bronzene Figur musste mehrmals als Vordergrund hinhalten, da es keine Blumentöpfe und anderes Stadtverschönerungsmobiliar hatte. Es war schwer aufzuhören, so gut gefiel es mir. Mittlerweile war es ganz dunkel geworden und ich wollte noch einmal auf den Mt. Victoria, es ging also nahtlos weiter. Das Nachtessen blieb dann beinahe auf der Strecke, denn es reichte nur noch für einen Kurzstopp im McDonald's. Fotografieren hatte Priorität! Der Fussmarsch auf den Aussichtsberg dauerte weitere 40 Minuten... Dort oben angekommen musste ich mich im Stockdunkeln bewegen, da nur ein Teil etwas beleuchtet war, aber der Aufstieg hatte sich gelohnt, lag doch nun die ganze beleuchtete Stadt zu Füssen. Im beleuchteten Teil tummelten sich weitere Touristen, die mit Handys so etwas wie Fotos machten. Als ich mich dann ausgetobt hatte, stand der Rückmarsch bis zum Hotel bevor, den ich mit ein paar Fotostopps unterbrach. Am Quai hatte es einige der neuseeländischen Weihnachtsbäume, die sogar mit Lichterketten ausgestattet waren. Wo kann man schon Mitte März beleuchtete Weihnachtsbäume fotografieren? Es war fast schon Mitternacht, als ich wieder beim Hotel war, dann folgte das alltägliche Vorgehen: Fotos auf externe Harddisk speichern, den GPS-Empfänger auslesen, das Material für den nächsten Tag bereitstellen.

Und das die heutige Marsch- und Reiseroute: